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Stummfilme / Musiker

Erotikon

„Erotikon“ ist eine zynische, respektlose Komödie, ein modernes, possenhaftes Spiel um Schein und Sein im bürgerlichen Eheleben. Professor Leo Charpentier hat eine schöne Frau, ein herrschaftliche Villa voller nutzloser Dinge und eine ansprechende Nichte, die ihm still zugetan ist, ihm selbst die Krawatte bindet und seine Lieblingsspeisen kocht. Doch das alles interessiert den Professor wenig, denn seine Leidenschaft gilt ausschließlich seinen Insekten. Er hat mehr Freude an den polygam lebenden Tieren, die zwei, auch drei Partner haben, als an seinem eigenen Liebesleben. Seine Frau Irene nutzt die Zeit und trifft sich auffallend oft mit dem besten Freund des Hauses Charpentier, dem Bildhauer Preben Wells. Auch sind da noch die Offerten des Piloten und Dandys Baron Felix. Doch leider wird das unterschwellige, bunte Liebesleben des Hauses Charpentier schon bald öffentlich.

Lubitsch soll einmal gesagt haben, er hätte seinen berühmten Lubitsch-Touch aufgrund seiner Begeisterung für diesen Film entwickelt.

„Erotikon“ war ein ungemein teuerer Film. Mauritz Stiller und sein Drehbuchautor Gustaf Molander haben keine Gelegenheit ausgelassen, den Dekor zu funktionalisieren und die Schaulust des Publikums zu bedienen: Baron Felix ist Pilot, der sich auch gleich während einer Flugschau auszeichnen kann. Die Opernszene im Film, die die schwedische Ballerina Carina Ari tanzt, präsentiert sich derart lang und ausführlich, dass sie einen eigenen Film hätte abgeben können. Die Villa des Professors steht voller alter Ritterrüstungen, deren massive Unbeweglichkeit auf die Impotenz Leos hindeutet. Diese Spiegelungen des eigentlichen Geschehens in verschiedenen Nebenhandlungen und Szenen, wie z.B. der Opernszene, die von zwei Freunden erzählt, die die gleiche Frau lieben, diese Funktionalisierung des Dekors sind ein für Stiller wesentliches Stilmittel. Bei Stiller tritt die Psychologisierung der Figuren hinter ihre Einbettung in die Umgebung zurück. Die „realistische“ Schilderung des Milieus ist das Nebenprodukt dieser Dramaturgie.

„Erotikon“ bildet den Gipfel einer ganzen Serie von leichten, aber bissigen, hervorragend gespielten Komödien Mauritz Stillers, die sich den modernen, gewandelten Geschlechterbeziehungen widmen. Stiller und Victor Sjöström prägen mit dieser Art von Komödien und ihren folkloristischen, naturverbundenen Filmen das „Goldene Zeitalter“ des schwedischen Films nach dem Ersten Weltkrieg. Mit ihrem Weggang nach Hollywood Mitte der 20er Jahre beginnt der steile Niedergang der schwedischen Filmindustrie.

 Jürgen Dittrich

Filmbilder: Filmmuseum Berlin

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